Die Proben haben begonnen

07.05.2024

Mit Spannung wurde er erwartet, der Pobenbeginn der 73. Bad Hersfelder Festspiele. Zum ersten Mal kommt das Ensemble des Eröffnungstückes „Die Dreigroschenoper“ zusammen und hat nun rund sieben Wochen Zeit, um das Werk von Bertolt Brecht und Kurt Weill auf die Bühne zu bringen. Premiere wird am Freitag, den 21. Juni, um 21:00 Uhr in der Stiftsruine gefeiert. 

Die Handlung um den Konkurrenz- und Existenzkampf zwischen zwei „Geschäftsleuten“, dem Kopf der Londoner Bettelmafia Peachum, der Bettler erpresst und so ausstattet, dass sie das Mitleid der Passanten erregen, und dem Gangster Macheath, der gute Beziehungen zum Polizeichef von London pflegt, wird der renommierte Regisseur Michael Schachermaier in Bad Hersfeld inszenieren. Die Kostüme gestaltet Alexander Djurkov Hotter und das Bühnenbild Volker Hintermeier.

„`Die Dreigroschenoper` ist ein vielseitiges, funkelndes dramatisches Sammelsurium“, so Regisseur Michael Schachermaier: „Eine Farce, eine Revue, eine Liebesgeschichte, Sex and Crime, eine Gangsterballade, eine Big Show unter dem Mond von Soho. Vor allem aber sind es die schillernden Figuren und die sprühende Musik, die diese Geschichte zu einem spannenden Musik-Theatererlebnis machen. Eine große Geschichte für die große Bühne von Bad Hersfeld.“

Zwischen all den Scharlatanen, die zwischen Original und Fälschung chargieren, werde das Publikum Macheath, genannt Mackie Messer, den gefährlichen Verführer und Kleinganoven als schillernden Showmaster und brutalen Zauberer erleben, so der Regisseur.

Für diese Rolle kehrt Hersfeldpreisträger Simon Zigah in die Festspielstadt zurück. Er hat von 2006 bis 2009 zum Ensemble gehört und seitdem eine großartige Theaterkarriere hingelegt. Auch Joern Hinkel ist von dieser Besetzung überzeugt: „Erst im letzten Winter habe ich ihn in Bremen auf der Bühne gesehen und war von seiner Ausstrahlung begeistert: warmherzig, gefährlich, manchmal von geradezu buddhistischer Ruhe, dann wieder unfassbar agil und tänzerisch. Abgesehen davon kann er umwerfend singen! Es war auch Michael Schachermaiers expliziter Wunsch, ihn als Mackie zu besetzen.“

An Mackie Messers Seite: Polly Peachum, die Tochter des Bettlerkönigs. Die beiden heiraten heimlich und damit bricht der Konflikt zwischen den Rivalen Peachum und Macheath offen aus. „Polly macht in diesem Panoptikum der Gangster die größte Entwicklung durch, von der ahnungslosen Tochter aus gutem Hause bis zur ausgefuchsten, mit allen Wassern gewaschenen Geschäftsfrau, bereit, bald selbst über Leichen zu gehen.“, charakterisiert Michael Schachermaier diese Rolle, die er mit Gioia Osthoff besetzt. 

Die Dreigroschenoper“ ist die zweite Zusammenarbeit von Michael Schachermaier mit der Schauspielerin. 2021 war sie als Lisbeth in seiner Inszenierung von Das kalte Herz am Theater Freiburg zu sehen. Geboren im Schwarzwald, ist Gioia Osthoff im südamerikanischen Ecuador aufgewachsen. Von 2017 bis 2021 war sie festes Ensemble-Mitglied am Theater in der Josefstadt in Wien.  Es folgte dann das Engagement am Theater Freiburg. 

Als Chef der „Bettlerplatte“ und Vater von Polly, Jonathan Jeremia Peachum, kommt Götz Schulte nach Bad Hersfeld. Der renommierte Schauspieler arbeitete an vielen großen Bühnen von Schwerin über München bis Wien mit Regisseurinnen und Regisseuren wie Christoph Schroth, Peter Zadek, Einar Schleef, George Tabori und Karin Henkel zusammen. Auch in TV- und Kinofilmen ist er präsent – zum Beispiel in Caroline Links „Exit Marrakech“ oder in „Tatort“-Folgen aus München als Staatsanwalt.

Die Rolle der Ehefrau des Bettlerchefs, Celia Peachum, übernimmt Katharina Pichler. Nach Engagements am Schauspielhaus Graz, am Thalia Theater Hamburg, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und am Schauspielhaus Köln, am Theater in der Josefstadt und zuletzt am Residenztheater in München wechselte sie 2019/20 an das Burgtheater in Wien, wo sie gerade unter anderem in der gefeierten „Zauberflöte“ die Königin der Nacht spielt. Neben ihrer Theaterarbeit dreht sie regelmäßig für Film und Fernsehen. So wirkte sie in dem Film „Verfolgt“ mit, der 2006 mit dem Goldenen Leoparden beim 59. Internationalen Filmfestival in Locarno ausgezeichnet wurde.

„Es wird ein bunter Reigen der Schausteller, Selbstdarsteller, Betrüger und Selbstbetrüger, der kleinen und großen Halunken, die versuchen, die ganz großen finsteren Geschäfte zu machen, eine Welt voller Deals und Dealer.“, so der Regisseur zu seiner Inszenierung - und weiter: „Die Bad Hersfelder Stiftsruine wird zum Gangster-Spielplatz in der Großstadt, lichtdurchflutet und dunkel zugleich, ein Ort, an dem sich Ganoven, Huren, Polizisten und Geschäftsleute begegnen, alle auf ihre Weise verlorene Angeber in einer Halbwelt gefangen.“

Joern Hinkel freut sich besonders, dass die Schauspielerin und Musikerin Anna Loos in Bad Hersfeld auftreten und als Jenny in der „Dreigroschenoper“ zu sehen sein wird: „Ich bin sehr gespannt, sie endlich auf der Theaterbühne zu erleben. Ich kenne sie als mitreißende Sängerin, aber natürlich auch aus Filmen als eine Schauspielerin, die ihren Figuren oft eine brüchige Zerrissenheit, eine glühende Rastlosigkeit verleiht, in allem Strahlen schwingt bei ihr immer ein Abgrund mit. Das macht sie für mich zu so einer faszinierenden Darstellerin.“

Anna Loos hat im Laufe der Jahre sehr viele Fernseh- und Kino-Rollen gespielt, darunter auch Serienhauptrollen wie „Helen Dorn“ und sie war eine der Hauptdarstellerinnen der preisgekrönten Serie „Weissensee“. Sie begeisterte 2006 im Musical „Cabaret“ und war mit der Band „Silly“ als auch solo erfolgreich: Ihre Single "Alles Rot" erreichte beim Bundesvision Song Contest des Jahres 2010 den zweiten Platz.

Da Anna Loos wegen anderer Engagements an fünf der 20 Aufführungstermine von „Die Dreigroschenoper“ nicht in Bad Hersfeld sein kann, wird die Travestie-Künstlerin Lilo Wanders an diesen Terminen (6./8./9./13. und 17.8.2024) die Rolle der Jenny übernehmen: „Michael Schachermaier und mir war von Anfang an daran gelegen, mit Anna Loos zusammenzuarbeiten. Eine Schauspielerin zu suchen, die Anna ähnlich war, kam für uns nicht in Frage. Im Gegenteil: Wer würde die Rolle ganz anders verkörpern? Je größer der Gegensatz, desto interessanter. So kamen wir schließlich auf Lilo Wanders, die ich schon einmal ganz hinreißend auf der Bühne erlebt habe. Jenny, Mackie Messers Geliebte, die zur Verräterin wird, mit ihr zu besetzen, finde ich wunderbar.“ so Joern Hinkel.

Ein Millionenpublikum kennt ihn als den oft trottelig wirkenden, aber schlauen Polizisten Koops aus der TV-Reihe „Harter Brocken“. Er hat wie viele Schauspielerinnen und Schauspieler sein Handwerk im Theater gelernt und stellt es dort regelmäßig unter Beweis: Aljoscha Stadelmann wird in der Stiftsruine den Tiger-Brown spielen. „Verschlagen und humorvoll ist dieser Polizeichef von London, ein bester Freund, mit dem man Pferde stehlen kann, dem man aber in keiner Sekunde den Rücken zukehren darf. Hemdsärmelig und heimtückisch. Ich kann mir Aljoscha Stadelmann fantastisch in dieser Rolle vorstellen. Seine körperliche Präsenz, seine Doppelbödigkeit, sein Witz sind genau das, was einen Tiger-Brown so vielschichtig machen kann“, sagt Festspiel-Intendant Joern Hinkel.

Laura Dittmann übernimmt die Rolle der Lucy, der Tochter von Polizeichef Brown. Nach ihrem Abschluss an der Hochschule für Musik 2015 gastierte sie nach Zwischenstationen am Staatsschauspiel Dresden, wo sie in zahlreichen Rollen zu sehen war.  Im Jahr 2020 begann sie in Wien am Max-Reinhardt-Seminar Schauspiel zu studieren. Bald folgte ihr erstes Engagement am Burgtheater - zuletzt übernahm sie dort die Sami in Robert Ickes „Die Ärztin“ und feierte dort im Februar 2024 mit der Uraufführung von „Muttertier“ Premiere, dem Gewinnerstück des Retzhofer Dramapreises.

Das gesamte Ensemble finden Sie hier:

 

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